
Die Auswirkungen der AÜG-Reform
Die anstehenden Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) bedeuten neue Rahmenbedingungen für den Einsatz von Freelancern in Unternehmen. Die geplante Gesetzesänderung verunsichert, weil bestehende Prozesse damit in Frage gestellt werden können. Warum die geplante Reform des AÜG allerdings eine gute Sache ist und welche neuen Wege sich dadurch eröffnen, zeigt Hr. Moersch im Interview mit freelance pages auf. Seines Zeichens Sozius der Kanzlei Hannemann, Eckl und Moersch in Karlsruhe, befasst sich Herr Moersch schwerpunktmäßig mit kollektivem und individuellem Arbeitsrecht und ist Experte auf dem Gebiet der Scheinselbständigkeit.

freelance pages: Freiberufler und Einsatzunternehmen sind verunsichert im Hinblick auf die Themen Scheinselbständigkeit und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Hier spielt sicher auch die geplante AÜG-Reform eine maßgebliche Rolle. Was soll sich denn zum 01.04.2017 ändern?
Hr. Moersch: Drei Themen sind besonders wichtig:
Erstens: Arbeitnehmerüberlassung muss zukünftig ausdrücklich im Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher vereinbart werden und ist nur dann möglich, wenn zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Anderenfalls wird gesetzlich ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet.
Zweitens: Die Überlassungshöchstdauer wird auf 18 Monate beschränkt, danach muss eine mindestens dreimonatige Pause folgen, bevor der Zähler wieder auf „Null“ gestellt wird. Eine längere Einsatzdauer ist nur möglich, wenn sie in einem Tarifvertrag der Einsatzbranche ausdrücklich zugelassen ist.
Drittens: Wer als Arbeitnehmer gilt und nach welchen Kriterien das zu beurteilen ist, wird gesetzlich im neuen § 611a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Zusammengefasst bedeuten diese Kriterien, dass Arbeitnehmer ist, wer nach dem äußeren Bild in die Arbeitsorganisation des Betriebs eingegliedert ist, in dem er seiner Tätigkeit nachgeht.
Was bedeutet dies konkret für die Arbeit von Freelancern? Wie müssen Unternehmen darauf reagieren?
Es wird zukünftig nicht mehr möglich sein, sich durch eine auf Vorrat eingeholte Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Werkvertrags- oder Dienstleistungsunternehmens, das den Freelancer entsendet, dagegen abzusichern, dass bei einer Eingliederung des Freien in den Einsatzbetrieb kein Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen besteht, zu dem dieser Einsatzbetrieb gehört.
Für Freelancer und Unternehmen bedeutet dies, dass noch sorgfältiger als bisher einerseits auf die Gestaltung des Vertrags (Auftrags) und andererseits auf die Gestaltung der tatsächlichen Einsatzbedingungen geachtet werden muss, um nicht in die Falle der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit allen sich daraus ergebenden – insbesondere sozialversicherungsrechtlichen – Folgen zu tappen (Stichwort: „Scheinselbständigkeit“).
Wählt man die bisher gängige Konstruktion, dass der Auftrag formal einem Hauptunternehmer erteilt wird, der dann selbständige Subunternehmer in den Einsatz schickt, besteht im Falle der vorhin angesprochenen Eingliederung dieser Freelancer in den Auftraggeberbetrieb das zusätzliche Risiko, darüber hinaus noch wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt zu werden.
Ist der Einsatz von Vermittlern an sich eventuell schon mit Risiken verbunden?
Die bloße Inanspruchnahme eines Maklers oder Vermittlers, der lediglich den Kontakt zwischen einem möglichen Auftraggeber und einem Freelancer vermittelt, löst keinerlei Risiko aus, dass dieser Vermittler als Arbeitgeber des Freelancers oder als „Verleiher“ einer Arbeitnehmerüberlassung betrachtet wird.
Was können einerseits die Unternehmen und andererseits die Freelancer tun, um nicht in arbeitsrechtliche Konflikte zu geraten?
Kurz gesagt: ausreichend Distanz halten und idealiter den Auftrag vor Beginn der Tätigkeit möglichst klar umreißen, wie man dies bei der Beauftragung von Handwerkern auch macht. Wenn bei der Projektdurchführung laufend irgendwelche Details neu mitgeteilt werden, kann das als Arbeitsweisung missverstanden werden. Auch wenn ein Projekt längere Zeit andauert und die Beteiligten gut und eng zusammenarbeiten, handelt es sich – rechtlich gesehen – doch um zwei Unternehmer. Das sollte auch so praktiziert werden und sichtbar sein.
Welche Veränderungen prognostizieren Sie für den Markt freiberuflicher Leistungen in Deutschland und wie profitieren Freelancer und Unternehmen davon?
Der Markt wird sich konsolidieren und konturieren. Die politische Absicht ist es, die Arbeitnehmerüberlassung zurückzustutzen auf ihren als ursprünglich verstandenen Zweck, nämlich die Deckung „vorübergehender“ Kapazitätsengpässe bei der eigentlichen Unternehmenstätigkeit. Das ist etwas deutlich Anderes als der Einsatz von Freelancern zur Durchführung von besonderen Aufträgen und Projekten, für die der Auftraggeber nicht das Know-how hat und es nicht – auch nicht vorübergehend – im eigenen Unternehmen als Potenzial vorhalten will.
Für Freelancer als Spezialisten für besondere Aufgaben wird sich also gar nicht so viel ändern, anders mag das für die Vielzahl derjenigen sein, deren Fähigkeiten und Kenntnisse eher im Alltag betrieblicher Realität gebraucht werden. Dort werden sich die Unternehmen auf Beschränkungen der Flexibilität einstellen müssen, oder mit noch stärkerer Verlagerung von Unternehmensaufgaben auf Subunternehmen reagieren.
Herr Moersch, vielen Dank für das Interview!
freelance pages hilft Ihnen, rechtliche Risiken zu vermeiden, die resultieren können, wenn Freelancer als Subunternehmer eines Providers für Sie tätig werden. Es bietet Einsatzunternehmen die Möglichkeit solche Freelancer direkt anzuheuern, die allein schon durch ihre klare Positionierung im Profil und dezidierte Schwerpunktsetzung zum Ausdruck bringen, dass sie als Spezialisten verstanden werden wollen. Wie das Interview mit Hr. Moersch zeigt, ist die Zusammenarbeit mit solchen Experten in der Regel unkritisch, wenn die oben genannten Punkte in der Zusammenarbeit beachtet werden. Die Funktionalitäten auf freelance pages tun ihr übriges: freelance pages unterstützt professionelle Supplier Management Prozesse statt den umständlichen und schwerfälligen HR-Prozessen, die bisher bei der Suche und Auswahl von Freelancern oft üblich waren.
Insgesamt trägt dies dazu bei, das Risiko der Scheinselbständigkeit beim Einsatz von Freelancern wirksam zu reduzieren.